Schwerelos in Helsinki — Floating im Schwebebad

Eine ganz besondere Art der Entspannung in 1000 Liter körperwarmen Wasser und 500 kg Salz in einer eiförmigen Kapsel – das ist das sogenannte Schwebebad, auch ”Floating” (engl. schweben, treiben) genannt. Wie es funktioniert und wozu es gut ist, erfährst du in den folgenden Zeilen.

Ein außergewöhnliches Geschenk

Ein Gutschein für eine Stunde im Schwebebad – das war eines meiner letztjährigen Weihnachtsgeschenke, welches nun wartete endlich eingelöst zu werden. Bevor ich mich in besagtes Wagnis förmlich ”treiben ließ”, hatte ich mich natürlich über diese doch etwas ungewöhnliche Art der Entspannung eingehend informiert. Vor allem interessierte mich neben der Wirkung des Schwebebades der Aspekt der Hygiene. Welchen Nutzen hat also das Floating und wie wird die Hygiene dabei garantiert?

Entzug von Sinnesreizen

Beim Schwebebad handelt es sich um das Herstellen eines Zustandes der Schwerelosigkeit. Diese wird durch die hohe Konzentration von Salz im Wasser erzeugt. Das hier verwendete Salz in Form von Magnesiumsulfat (auch Epsom- oder Bittersalz genannt) wirkt sich vor allem positiv auf die Haut aus. Hautprobleme, wie Allergien, Neurodermitis und Psoriasis, aber auch einfach nur durch trockene Haut verursachte Beschwerden, sollen durch das Baden in Salzwasser gelindert werden.

Die jedoch weitaus öfter angestrebte Wirkung des Schwebebades ist wohl mit Abstand die Entspannung. Diese wird vor Allem durch das besagte Gefühl der Schwerelosigkeit begünstigt. Des Weiteren hilft die Reduzierung von Sinnesreizen einen Zustand der Tiefenentspannung zu schaffen. Im Schwebebad lässt man sich also generell in aller Stille und im Dunkeln treiben. Das Wasser, welches eine Temperatur von ca. 35,5° C hat, kommt der Temperatur des menschlichen Körpers nahe und soll ebenfalls dazu beitragen, mögliche Reize durch Temperaturunterschiede zu mindern. Auf Badebekleidung soll ebenfalls verzichtet werden, um weitere Reize durch diese zu vermeiden.

Neben der positiven Wirkung auf die Haut sowie des entspannenden Effektes auf das Gemüt gibt es durchaus noch weitere Anwendungsgebiete, in denen das Schwebebad zum Einsatz kommt. Auf der Internetseite des Deutschen Floating Verbandes e.V. sind folgende Einsatzgebiete aufgelistet: Orthopädie, Sportmedizin, Erholung, Schmerztherapie, Fibromyalgie, Dermatologie und Stressreduzierung.

Reinheit des Wassers

In puncto Hygiene wird erstens der extrem hohe Salzgehalt des Wassers erwähnt, der es für Krankheitserreger unmöglich macht zu überleben. Zweitens wird das Salzwasser nach jeder Nutzung gefiltert. Dabei kann der Filter Partikel von bis zu ¼ der Größe eines Haares abfangen. In der Floating-Einrichtung »Kellumo« in Helsinki, die ich vor kurzem besuchte, erfuhr ich auch, dass das Wasser zusätzlich chemisch gereinigt wird und des Weiteren noch durch ein UV-Filterbecken läuft.

Saubere Sache – aber wie läuft so ein Besuch im Schwebebad denn nun eigentlich ab? Im Folgenden erfährst du einiges über meine eigenen und noch frischen Erfahrungen mit dem Floating im »Kellumo« im Herzen der Hauptstadt Finnlands.

Klein und fein

»Kellumo« ist ein kleines finnisches Unternehmen in Helsinki, welches sich auf das Floating spezialisiert hat. Mit zwei Floating-Kapseln in getrennten Räumen bietet dieses Unternehmen ein schwebendes Erlebnis in ruhiger Atmosphäre.

Hamam Badetücher, umweltfreundliche finnische Duschseife, Shampoo, Haarpflegemittel und Ohrstöpsel werden vom »Kellumo« bereitgestellt. Föhn und Frisiertisch können ebenfalls genutzt werden. Man braucht also nichts weiter als einfach nur vor Ort zu erscheinen – am besten natürlich nach Terminvereinbarung. Das tat auch ich an einem sonnigen Junitag.

Auf dem Weg in die Schwerelosigkeit

Ein freundlich lächelndes Gesicht öffnet mir die Tür in das Untergeschoss des im Jahre 1911 im Jugendstil erbauten Gebäudes. Jacke und Schuhe lasse ich in der Garderobe und schlüpfe in die weißen vom Haus bereitgestellten Pantoffeln. Nach kurzem Vergewissern meiner Reservierungsdaten durch die Mitarbeiterin, bekomme ich die ersten Informationen zum Schwebebad sowie ein Hamamtuch und ein paar Ohrstöpsel. Schon werde ich in einen der beiden Räume zu meiner Floating-Kapsel geführt.

Hier erfahre ich, wie das Salzbad auf den Körper wirkt, was bei der Nutzung zu beachten ist und in welcher Reihenfolge was zu tun ist. Nachdem ich alle notwendigen Anweisungen erhalten habe, lässt mich die Mitarbeiterin allein zurück. Im Falle weiterer Fragen oder Probleme gibt es einen Rufknopf in der Kapsel, der bei Betätigung ein Signal an die Mitarbeiterin sendet. Auch wenn ich also die nächste Stunde hier allein hinter verschlossener Tür in meiner Kapsel verbringe – ich weiß, es ist bei Bedarf jederzeit Hilfe zur Stelle.

Ganz allein und in aller Stille

Den Anweisungen folgend begebe ich mich als Erstes unter die Dusche. Danach die Ohrstöpsel platzieren und schon geht es in die Kapsel. Diese ist mit Licht ausgestattet. Abwechselnd leuchtet das Wasser mal grün, mal rot, mal lila oder weiß auf. Ich höre auch schon die zuvor von mir gewählte Anfangsmusik, schließe den Deckel der Kapsel und lasse mich langsam im warmen Wasser nieder.

Auf dem Rücken liegend genieße ich den beruhigenden Klang keltischer Flöten. Nach ein paar Minuten verklingt die Musik. Ich schalte das immer noch wechselnde Licht aus. Nun ist es still und komplett finster.

Bild: Floating-Kapsel
Floating-Kapsel im »Kellumo« Helsinki. Bildquelle: Autorin.

Sich treiben lassen

Das Salzwasser trägt meinen Körper und es macht mir wirklich keine Mühe mich treiben zu lassen. Es fühlt sich warm und eher wie Gel als Wasser an – ein sonderbares Gefühl. Ich genieße die Ruhe und durchaus auch die Dunkelheit. Doch im Gegensatz zu den Erfahrungen anderen Schwebebadender, die davon erzählen, dass sie beim Floating mal so richtig abschalten und alles vergessen können – meine Gedanken sind hellwach und voll aktiv.

Der Erfindergeist erwacht

In Kürze fallen mir einige Verbesserungsvorschläge für die Floating-Kapsel ein. Ein Sternenhimmel ist einer davon. Meine Gedanken führen mich auch ein paar Jahre zurück, als ich eine der mit Abstand schwierigsten Zeiten in meinem Leben durchmachte. Ein paar Besuche im Schwebebad hätten mir zu jener Zeit wahrscheinlich sehr gutgetan.

Ich denke auch darüber nach, wie viel mehr mir diese Art der Entspannung zusagt als z.B. eine Massage. Hier kann man wirklich mal für sich – und im wahrsten Sinne des Wortes – abgekapselt vom Rest der Welt sein.

Zeitgefühl und Richtungssinn, Adieu!

Ich beginne zu schätzen, wie lange ich denn schon so vor mich hintreibe, vielleicht zehn, fünfzehn oder doch schon zwanzig Minuten? Ich weiß es wirklich nicht – mein Zeitgefühl ist verschwunden. Hin und wieder versichere ich mich ”in richtiger Richtung” in der Kapsel zu liegen. Es scheint mir nämlich, als würde sich mein Körper im Kreise drehen. Aber nein – ich befinde mich immer noch in Ausgangsposition.

Bis jetzt habe ich nur still dagelegen, was die sich auf meinem Bauch gebildeten Salzkristalle bestätigen können. Lustig, denke ich. Ich beschließe also, dass ich lange genug ruhig vor mich hin geschwebt bin und beginne lustige Bewegungen im Wasser zu machen. Ich wusste bis dato wirklich nicht, wie beweglich meine Wirbelsäule ist! Nach einer Serie von diversen Frosch- und Fischbewegungen begebe ich mich wieder in Ausgangsposition und – liege einfach nur so rum.

Zurück nach Zeit und Raum

Da ist sie wieder – die entzückende keltische Flötenmusik! Das Zeichen, das sich meine Schwebestunde dem Ende neigt. Bald höre ich auch eine freundliche Frauenstimme, die mir dies bestätigt. Im selben Augenblick macht sich auch der Wasserfilter an seine Arbeit.

Ich richte mich auf, mit dem Tipp in Erinnerung meinen Kopf leicht nach hinten geneigt zu halten. Das ist auch wirklich nötig, denn das Salzwasser soll nicht in die Augen geraten. Das Wasser läuft durch seine gelartige Konsistenz langsam an meinem Körper herunter. Bei den Haaren muss ich etwas nachhelfen. Ich öffne den Deckel der Kapsel – schlüpfe sozusagen aus meinem Ei – und begebe mich gleich unter die im selben Raum angebrachte Dusche. Wieder denke ich an den Rat der Mitarbeiterin – nur mit bloßem Wasser abspülen, keine Seife verwenden. Zu meinem Erstaunen ist das auch nicht nötig. Das Salzwasser lässt sich problemlos mit Wasser abspülen, auch aus den Haaren.

Nach jedem gewöhnlichen, etwas ausgiebigeren Bad steht man mit verschrumpelter Haut an Händen und Füßen da. Nicht so beim Schwebebad! Meine Haut ist auch nach dieser langen Zeit im Wasser unverändert – oder vielleicht sogar doch etwas weicher als vorher?

Aufstieg ins Licht

Ich trockne mich ab und überlege dabei, ob ich mir nicht auch so ein griffiges Hamamtuch zulegen sollte. So eins wollte ich doch immer schon haben… Nachdem ich in mein Gewand gestiegen bin, werfe ich noch einen letzten dankenden Blick auf die Floating-Kapsel und verlasse den Raum. Das Badetuch lege ich in den Wäschekorb vor der Tür. Jetzt geht’s zum Frisiertisch, wo ich mir noch kurz die Haare trocken föhne. Fertig!

Ich werde von der aufmerksamen Mitarbeiterin gefragt, was ich zu Trinken haben möchte. Kurz darauf bekomme ich ein Zitronenwasser. Ich lasse mich für ein paar Minuten auf einer Couch nieder, schlürfe mein Wässerchen und gönne meinem Körper und Gemüt noch einen kurzen Moment der Ruhe.

Nach ein paar Worten mit der Mitarbeiterin und dem Kauf eines Hamamtuchs in Smart-Größe, werfe ich meine Jacke über und ziehe mir die Schuhe an. Gewappnet – vor allem mit Ruhe und Gelassenheit – steige ich aus dem Untergeschoss des Gebäudes die Treppen rauf dem Licht der Junisonne entgegen und begebe mich zurück in das Gewimmel der Großstadt.

Bild: Hamamtuch
Hamamtücher sind vor allem deswegen beliebt, weil sie gut Feuchtigkeit aufnehmen und schnell trocknen. Bildquelle: Autorin.

Fazit

Eine Stunde im Schwebebad war durchaus eine außergewöhnliche, dennoch angenehme Erfahrung. Wichtig für mich war vor allem die Hygiene auf die, soweit ich beurteilen kann, geachtet wurde. Einen entspannenden Effekt konnte ich durchaus feststellen. Ich denke jedoch, dass man auch bei dieser Art der Entspannung vom “Üben” bzw. einer gewissen Routine profitiert, denn – Sein sein kann anfangs schwer sein!

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Quellen:

http://www.floating-verband.de/drupal/

https://kellumo.fi/kauppa/

Titelbild: Pixabay

* Ich profitiere weder finanziell noch anderweitig durch die Erwähnung von Unternehmen, Produkten und dergleichen in diesem Artikel.

Published by

Sindy 🕊️

Hermit soul, astrologer, Venus Star Point practitioner & teacher | 🇫🇮 🇩🇪 🇬🇧

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